Die Akute Myeloische Leukämie (AML) ist eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems. Im Falle einer AML kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung unreifer Vorstufen von Blutzellen (Blasten ). Durch die zunehmende Ansammlung dieser unreifen Zellen wird die normale Blutbildung im Krankheitsverlauf verdrängt und es entsteht ein Mangel an ausgereiften, funktionsfähigen Blutzellen. Ursache sind meist genetische Veränderungen im Knochenmark, die im Laufe des Lebens entstehen (primäre bzw. „de novo“ AML), oder Vorerkrankungen wie z. B. eine primäre Myelofibrose (PMF) oder Myelodysplastische Syndrome (MDS), aus denen sich im Zeitverlauf eine AML entwickeln kann (sekundäre AML).
Häufig macht sich als erste spürbare Auswirkung der AML eine sogenannte Blutarmut (Anämie) aufgrund der gestörten Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten ) bemerkbar. Die Anämie äußert sich meist durch schnelle Ermüdung, körperliche Schwäche und stark verminderte Leistungsfähigkeit der Betroffenen, die zudem häufig unter Atemnot, Herzrasen, Kopfschmerzen sowie Erschöpfung (Fatigue) leiden. Patientinnen und Patienten können auch durch den Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukozyten
), die einen wichtigen Bestandteil des Immunsystems darstellen, anfälliger für verschiedene (fieberhafte) Infektionskrankheiten sein.1
In Deutschland erkranken jährlich etwa 3 bis 4 Menschen pro 100.000 Einwohner an AML. Überwiegend sind Erwachsene betroffen, jedoch tritt die Erkrankungen in seltenen Fällen auch bei Kindern auf. In der Altersgruppe der über 70-Jährigen kann die Erkrankungsrate auf über 100 Betroffene im Jahr pro 100.000 Einwohner ansteigen.1 Dabei sind Männer etwas stärker betroffen als Frauen.2
Die AML ist ein sehr komplexes Krankheitsbild, das sich bei jedem Menschen individuell unterschiedlich äußern kann. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Kriterien entwickelt, nach denen sich die Erkrankung in verschiedene Varianten (Subtypen) einteilen lässt. Diese Einteilung kann als Orientierung für eine konkrete Diagnose in Abgrenzung zu ähnlichen Erkrankungen des blutbildenden Systems (z. B. MDS), zur Beurteilung der individuellen Krankheitsprognose sowie zur Auswahl geeigneter Therapien dienen.1,3
Einen zentralen Bestandteil der AML-Behandlung bildet die intensive Chemotherapie als Voraussetzung für eine nachfolgende, allogene Stammzelltransplantation – dem einzigen Behandlungsansatz mit einer Aussicht auf Heilung. Dieses Verfahren kommt jedoch nur für ausgewählte Patientinnen und Patienten infrage, die bestimmte Kriterien im Hinblick auf ihr Alter, ihre körperliche Fitness und mögliche Begleiterkrankungen erfüllen. Sofern Betroffene für diese intensiven Therapiemöglichkeiten nicht geeignet sind, besteht das Ziel der Behandlung wiederum in einer Lebensverlängerung bei möglichst hoher Lebensqualität. Dafür kommen in der Regel nicht-intensive Therapieansätze wie z. B. die Kombination aus einem Hemmer des B-Zell-Lymphom-2-Proteins (BCL2-Inhibitor) und hypomethylierenden Substanzen (HMA) bzw. im zweiten Schritt eine HMA-Monotherapie oder niedrigdosierte Chemotherapeutika zum Einsatz.1
An neuen Behandlungsstrategien bei AML wird nach wie vor intensiv geforscht, um weitere Fortschritte für Patientinnen und Patienten zu erzielen. In diesem Zusammenhang wird derzeit unter anderem das Konzept der sogenannten Erhaltungstherapie (Maintenance Therapy) in klinischen Studien geprüft. Dieser Ansatz zielt darauf ab, den krankheitsfreien Zustand (Remission) nach erfolgter Therapie möglichst lange und dauerhaft zu bewahren sowie ein erneutes Auftreten der AML-Erkrankung zu verhindern. Eine Erhaltungstherapie ist in Deutschland aufgrund bisher fehlender Zulassungen allerdings noch kein Standardvorgehen. Die aktuellen Behandlungsleitlinien enthalten, außer für Patientinnen und Patienten, die eine bestimmte FLT3-Mutation aufweisen, zum jetzigen Zeitpunkt keine klare Empfehlung hinsichtlich einer Erhaltungstherapie bei AML.1