Für die Diagnose einer CML sind mehrere unterschiedliche Diagnoseverfahren erforderlich.1 Erst die gemeinsame Beurteilung der Untersuchungen und Tests gibt zuverlässigen Aufschluss, ob eine CML besteht oder nicht. Die Basis ist dabei die körperliche Untersuchung durch den Arzt, der den allgemeinen Gesundheitszustand seines Patienten beurteilt und auf mögliche Zeichen der Erkrankung achtet, wie etwa eine Anschwellung der Milz. Im Rahmen der Anamnese sind Schilderungen des Patienten über die Vorgeschichte möglicher Beschwerden wichtig. Auch Berichte zu Lebensgewohnheiten können von Bedeutung sein, zum Beispiel, wenn sich in manchen Bereichen Veränderungen eingestellt haben, die eventuell einer CML zugeordnet werden können (Appetit, Schlaf).
Für die Diagnose wird außerdem ein vollständiges Blutbild des Patienten benötigt, für das Blut zum Beispiel aus einer Armvene entnommen wird. Diese Blutprobe wird auf einem Objektträger ausgestrichen und die Konzentration der unterschiedlichen Blutzellen im Blut mikroskopisch bestimmt. Ein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer chronischen Leukämie ist unter anderem der Nachweis einer stark erhöhten Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozytenzahl). Verdächtig ist zudem, wenn neben reifen Blutzellen auch Vorstufen von Leukozyten
nachgewiesen werden, da diese normalerweise nicht im Blut, sondern nur im Knochenmark vorkommen.
Wichtige Hinweise für das Bestehen einer CML liefert die Untersuchung des Knochenmarks. Hierfür wird eine kleine Knochenmarkprobe mikroskopisch ausgewertet, um Informationen zur Häufigkeit, zur Zusammensetzung und zum Reifungsgrad der Knochenmarkzellen zu erhalten (zytomorphologische Diagnostik). Wenn im Rahmen einer CML gesundes Knochenmark durch leukämische Zellen verdrängt wurde, kann eine deutlich verminderte Konzentration von roten Blutkörperchen (Erythrozyten
) und Blutplättchen (Thrombozyten
) vorliegen.
Um Knochenmarkzellen für die Diagnostik zu gewinnen, wird unter örtlicher Betäubung ein Beckenknochen (oder seltener das Brustbein) punktiert (Knochenmarkaspiration oder Aspirationsbiopsie
).
Ein weiterer Teil der Knochenmarkzellen wird verwendet, um mögliche Gendefekte aufzudecken
(zytogenetische Diagnostik). Dabei ist der Nachweis des Philadelphia-Chromosoms für die Diagnose einer CML entscheidend.
Für die hier beschriebene Chromosomenanalyse werden Knochenmarkzellen ausgewählt, die sich in Teilung befinden und sogenannte Metaphasen-Chromosomen enthalten. Mithilfe einer klassischen Chromosomenanalyse kann der Anteil der leukämischen (Philadelphia-Chromosom positiven) Zellen im Knochenmark abgeschätzt werden. Dieser Befund ist wichtig, um eine Aussage zu treffen, wie gut der Patient auf die Therapie anspricht.
Bei den meisten Patienten mit CML in der chronischen Phase der Erkrankung ist die Bildung des Philadelphia-Chromosoms der einzige beobachtbare Gendefekt. In seltenen Fällen können jedoch schon in der frühen Phase oder im Verlauf weitere Gendefekte vorhanden sein oder neu auftreten. Diese Gendefekte können andere Chromosomen betreffen als die Chromosomen 9 und 22 zum Beispiel (Trisomie 8, Isochromosom 17
, Trisomie 19
). Es wird vermutet, dass sich das Auftreten dieser zusätzlichen genetischen Veränderungen ungünstig auf den Erkrankungsverlauf auswirken kann.
modifiziert nach Macmillan Cancer Support. What is CML?
Abgerufen am 08.09.2017.
Vervollständigt wird die CML-Diagnostik durch die Einbeziehung sogenannter PCR-
(Polymerase-Kettenreaktion)-Verfahren. Diese Tests auf molekularer Basis sind von allen bisher genannten Verfahren am empfindlichsten. Mit ihrer Hilfe können geringste Mengen von Erbinformation zum Beispiel in Form von DNA
oder RNA
, im Blut nachgewiesen werden. Bei der CML
wird das Verfahren für den indirekten Nachweis und eine Mengenbestimmung des krankmachenden Gens BCR-ABL verwendet.
Auf diese Weise kann im Verlauf einer CML eine sehr genaue Aussage über die Aktivität der Erkrankung erfolgen. Es ist damit ideal geeignet, um das Ansprechen eines Patienten auf eine medikamentöse Behandlung zu beurteilen: Je weniger BCR-ABL nachgewiesen werden kann, desto besser ist die CML unter Kontrolle.
Im Normalfall geht der ermittelte Wert für BCR-ABL nach Beginn einer Behandlung bald zurück, was als ermutigendes Zeichen gewertet werden kann. Der behandelnde Arzt weiß dann, dass ein Patient gut auf die Medikamente anspricht und die Behandlung in dieser Form fortgesetzt werden kann. Umgekehrt kann ein längerfristiges Ansteigen des BCR-ABL-Werts im Verlauf einer Therapie anzeigen, dass die Therapie nicht optimal funktioniert und eventuell angepasst werden muss.
Idealerweise sinkt der BCR-ABL-Wert während der Behandlung unter einen Wert, der als Nachweisgrenze für BCR-ABL bezeichnet wird. Das bedeutet, dass die Zahl der leukämischen Zellen unter der Therapie so stark zurück gedrängt werden konnte, dass sie sich auch mit diesen empfindlichen PCR-Verfahren nicht mehr nachweisen lassen.
Es bedeutet jedoch nicht automatisch, dass sämtliche leukämischen Zellen aus dem Körper eliminiert wurden. Zur Veranschaulichung: Mit empfindlichen PCR-Verfahren kann unter hunderttausenden gesunder Zellen eine einzige identifiziert werden, die das BCR-ABL-Gen in sich trägt.
Bei einem kleinen Teil der Patienten mit CML hat die PCR-Diagnostik noch einen weiteren, besonderen Nutzen: Bei ihnen kann das Philadelphia-Chromosom mikroskopisch nicht nachgewiesen werden, wohl aber BCR-ABL. Nach heutigem Wissen werden jedoch in diesen Fällen von Philadelphia-Chromosom negativer, BCR-ABL positiver CML keine Unterschiede beim Verlauf der CML, dem Ansprechen auf eine Therapie oder dem Überleben beobachtet.
Alle diese Diagnoseverfahren werden im Verlauf einer Behandlung regelmäßig wiederholt, um zu gewährleisten, dass ein Patient optimal auf das gewählte Medikament anspricht. Dazu wurde von europäischen CML-Spezialisten eine Art Ablaufplan entwickelt, der aussagt, in welchem Zeitabstand die verschiedenen Tests erfolgen sollten. Nach einem ersten wichtigen Schritt, der Normalisierung des Blutbildes unter der Therapie, wird bei weiter gutem Ansprechen eine