Chromosomen enthalten die Gene und damit die Erbinformationen des Menschen, die zum Beispiel das Aussehen (Haarfarbe, Größe) bestimmen oder wichtige Funktionen des Körpers steuern. Sie bestehen aus Desoxyribonukleinsäure (DNS). Veränderungen oder Defekte dieser Erbinformationen sind die Ursache für Erkrankungen wie der CML
. Der für die CML typische Gendefekt ist das Auftreten des so genannten Philadelphia-Chromosoms – ein verkürztes Chromosom 22.
Das Philadelphia-Chromosom entsteht, wenn bei der Zellteilung Teile der Chromosomen 9 und 22 abbrechen und sich an den Bruchstellen des jeweils anderen Chromosoms anlagern (reziproke Translokation). Chromosom 9 bricht im Bereich des Gens ABL-Tyrosinkinase und Chromosom 22 im Bereich des Gens BCR. Die beiden Abschnitte ABL und BCR verschmelzen auf Chromosom 22 zum Fusionsgen BCR-ABL (Philadelphia-Chromosom). Dieses neue Gen führt zu verschiedenen Prozessen wie der vermehrten Zellteilung und Hemmung des „programmierten Zelltodes“.
modifiziert nach Macmillan Cancer Support. What is CML?
http://www.macmillan.org.uk/Cancerinformation/Cancertypes/Leukaemiachronicmyeloid/AboutCML/WhatisCML.aspx. Zuletzt abgerufen am 04.09.2017.
Das gebildete Fusionsgen BCR-ABL liefert die Bauinformation für ein Eiweiß (Protein), welches die normalen Mechanismen der Zellteilung und Reifung der betroffenen Blutzellen außer Kraft setzt. Dieses Protein – die Tyrosinkinase BCR-ABL – ist heute der entscheidende molekulare Ansatzpunkt für eine zielgerichtete Therapie der CML mit Medikamenten (Medikamentöse Therapie).
Obwohl die CML insgesamt sehr gut erforscht ist, sind nur wenige Risikofaktoren für die Bildung des krankmachenden Gendefekts bekannt. Eine Ausnahme stellt hier eine Exposition gegenüber sehr hohen Dosen ionisierender Strahlung dar, wie sie bei den Atombombenabwürfen in Hiroshima und Nagasaki während des zweiten Weltkriegs aufgetreten sind. Infolge dieser extremen Strahlenbelastung haben japanische Ärzte über eine deutliche Zunahme der CML-Fälle3 berichtet. Auch das Einatmen bestimmter Lösungsmitteldämpfe (Benzol) kann möglicherweise das Risiko erhöhen, an CML zu erkranken.
Heute wird bei den meisten Betroffenen keine Ursache für den Ausbruch der Erkrankung gefunden. Die fehlende Kenntnis von Entstehungsursachen ermöglicht auch keinen Rückschluss auf Maßnahmen zur Vorbeugung einer CML. Nach Angaben des Krebsinformationsdienstes am Deutschen Krebsforschungszentrum geben weder aktuelle Ernährungsstudien noch andere Untersuchungen zum Lebensstil Anhaltspunkte für einen sinnvollen Ansatz zur Vorbeugung.3
Bei der Entstehung des Philadelphia-Chromosoms handelt es sich um eine zufällige Mutation. Daher ist die Erkrankung nicht vererbbar; ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Kinder von CML-Patienten ist nicht bekannt.
modifiziert nach Baccarani, M. and Dreyling, M. Annals of Oncology. 2010;21:165-167.
Grundsätzlich können Personen aller Altersgruppen an einer chronischen myeloischen Leukämie erkranken. Bei den meisten Patienten tritt die Erkrankung jedoch erst zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr auf. Im Durchschnitt erkranken jährlich etwa 1.200 Männer und Frauen deutschlandweit neu an CML.5 Männer erkranken etwas häufiger als Frauen.6 An den verschiedenen Leukämieformen erkrankten im Jahr 2014 in Deutschland insgesamt rund 13.700 Personen (Abb. 1).7