Myelodysplastische Syndrome (MDS) sind eine Gruppe von seltenen Blutskrebserkrankungen, bei denen die normale Blutbildung (Hämatopoese) auf ähnliche Weise gestört ist. Zu MDS kann es kommen, wenn sich bestimmte Gene der Blutstammzellen im Laufe des Lebens krankhaft verändern.1
Die Blutstammzellen sind eine kleine Gruppe von Zellen im Knochenmark, aus denen während des gesamten Lebens immer wieder neue Blutzellen gebildet werden. Dabei entstehen rote Blutkörperchen (Erythrozyten ), weiße Blutkörperchen (Leukozyten
) und Blutplättchen (Thrombozyten
), die jeweils für unterschiedliche Funktionen im menschlichen Körper verantwortlich sind. Durch bestimmte genetische Veränderungen können bei MDS nicht mehr genügend reife und funktionstüchtige Blutzellen gebildet werden. Stattdessen gelangen im weiteren Krankheitsverlauf zunehmend unreife und verformte Blutzellen in die Blutbahn. Diese Störung kann mehrere Blutzelllinien betreffen, weshalb MDS – je nach Erscheinungsbild – in verschiedene Formen unterteilt wird.1,2
Bei vielen Patientinnen und Patienten ist insbesondere die Bildung der roten Blutkörperchen gestört und es kommt infolgedessen häufig zu einer Blutarmut (Anämie). Diese kann sich durch schnelle Ermüdung, körperliche Schwäche und stark verminderte Leistungsfähigkeit der Betroffenen äußern, die zudem häufig unter Atemnot, Herzrasen, Kopfschmerzen sowie Erschöpfung (Fatigue) leiden. Zur Behandlung der Symptome werden meist Transfusionen mit Erythrozytenkonzentraten eingesetzt, die bei bestimmten Patientinnen und Patienten teilweise regelmäßig und lebenslang notwendig sein können. Das stellt im Alltag nicht nur eine große organisatorische und psychische Belastung dar, sondern bringt zudem die Gefahr einer Eisenüberladung mit sich und kann das Risiko für zum Teil schwere Komplikationen wie Infektionen sowie immunvermittelte Reaktionen erhöhen.1,2,3
MDS kann grundsätzlich in jedem Alter auftreten, in der Regel betrifft es jedoch Menschen im höheren Lebensalter über 70 Jahren. Jährlich werden ca. 4-5 Fälle pro 100.000 Einwohner in Deutschland neu diagnostiziert, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen. Neben genetischer Veränderungen kann in selteneren Fällen (ca. 10 %) auch eine Strahlen- bzw. Chemotherapie für die Entstehung der Erkrankung verantwortlich sein (sekundäre MDS). Bei einigen Betroffenen besteht zudem eine erhöhte Gefahr, dass die Erkrankung in eine Akute Myeloische Leukämie (AML) übergeht.1,2
MDS kann bei Patientinnen und Patienten sehr unterschiedlich auftreten (von einer milden Ausprägung bis zu aggressiven Formen) und wird auf Basis der Überlebensprognose in Niedrigrisiko- und Hochrisiko-MDS unterteilt. Es können jedoch nur bedingt allgemeine Aussagen über den Krankheitsverlauf und potenzielle Therapieoptionen getroffen werden. In den letzten Jahren verstehen Fachleute die komplexen Mechanismen, die MDS zugrunde liegen, zunehmend besser. Das hat beispielsweise dazu geführt, dass es mittlerweile auch verschiedene medikamentöse Ansätze zur Behandlung der Anämie bei Niedrigrisiko-MDS gibt, die teilweise das Potenzial haben, die Transfusionslast der Betroffenen zu reduzieren oder sogar eine Transfusionsfreiheit zu erreichen. Bei Hochrisiko-MDS hingegen ist die Behandlung in der Regel darauf ausgerichtet, das schnelle Fortschreiten der Erkrankung und den Übergang in eine lebensbedrohliche Akute Myeloische Leukämie (AML) aufzuhalten und somit die Lebenszeit zu verlängern.1,2