Die Diagnose Krebs verändert von einem Tag auf den anderen das gesamte Leben – das der Patienten, aber auch das ihrer Angehörigen. Denn Erkrankung und Therapie haben nicht nur körperliche Folgen. Ungewissheit und Angst, die Umstellung des Alltags, finanzielle und berufliche Sorgen können zu einer großen Belastung werden. Helfen kann hier eine psychoonkologische Beratung. Die Psychoonkologie bietet ein breites Spektrum an Unterstützungsmöglichkeiten, die sich je nach individuellen Bedürfnissen des einzelnen Patienten und seiner aktuellen Situation auswählen und anpassen lassen. So kann sie den Patienten von der Diagnose an über den gesamten Krankheitsverlauf hinweg begleiten und unterstützen (vgl. auch Leben mit Krebs / Herausforderungen im Alltag). Kliniken oder Schwerpunktpraxen kommen häufig bereits aktiv mit psychoonkologischen Angeboten auf den Patienten zu – alternativ vermitteln sie gerne auf Nachfrage.
Wie jemand auf eine Krebsdiagnose reagiert, lässt sich nicht pauschal voraussagen. Die meisten Patienten fühlen sich durch die Diagnose Krebs bedroht, ihr Alltag wird überschattet, ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Vielen Patienten – aber auch Angehörigen – fällt es zudem schwer, mit Gefühlen wie Wut, Trauer oder Hilflosigkeit umzugehen, die die Diagnose ausgelöst hat. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von psychosozialem Stress (engl. „psycho-social distress“).1
Stress, Ängste und Traurigkeit sind häufige Begleiter von Krebspatienten. Etwa zwei Drittel der Patienten belastet die Diagnose Krebs stark. Fast die Hälfte erlebt große Ängste, fühlt sich niedergeschlagen oder ist zunehmend traurig.2
Im Einzelfall können seelische Belastung und Stress sogar so stark werden, dass sich daraus psychische Erkrankungen entwickeln. Schmerzen, starke körperliche Beschwerden, Fatigue oder eine seelische Vorerkrankung können das Auftreten einer psychischen Erkrankung bei Krebspatienten zudem begünstigen.2 Bei fast einem Drittel aller Krebspatienten treten unter anderem Depressionen, Anpassungsstörungen oder Angststörungen auf.
Die Psychoonkologie ist auch bekannt als „Psychosoziale Onkologie“. Sie gehört zum medizinischen Fachbereich der Onkologie, vereint das Wissen verschiedener Bereiche wie Medizin, Psychologie, Soziologie und Philosophie miteinander und beschäftigt sich mit den psychosozialen Aspekten einer Krebserkrankung. Die Zusammenhänge zwischen psychischem Befinden und Erkrankungsverlauf stehen dabei im Mittelpunkt. Ziel der Psychoonkologie ist es, Betroffene ganz individuell bei der aktiven Krankheitsbewältigung zu unterstützen. Sie soll Krebspatienten und ihre Angehörigen stärken und ihnen ermöglichen, wieder aktiv am Alltag teilzunehmen. In einer psychoonkologischen Beratung lassen sich beispielsweise Fragen zur Erkrankung und Behandlung oder Probleme in Alltag und Beruf thematisieren. Darüber hinaus kann sie helfen, herauszufinden, welche Unterstützung Familie und Freunde leisten können oder selbst benötigen.2
Häufigkeit und Dauer psychoonkologischer Beratung bzw. psychoonkologischer Therapien hängen vom individuellen Bedarf des Patienten ab. Während für einige Patienten ein einzelner Gesprächstermin in der belastenden Zeit der Diagnose ausreichend sein kann, wünschen sich andere Patienten regelmäßige Unterstützung.2
In einem ersten psychoonkologischen Beratungsgespräch geht es vor allem um die Vermittlung von Informationen und das Aufzeigen von Möglichkeiten in der aktuellen Situation. Welche Themen besprochen werden, ist individuell verschieden. So können Krebspatienten und ihre Angehörigen beispielsweise die Krankheitsbewältigung in den Fokus stellen. Oder sie können in sozialrechtlichen Fragen beziehungsweise bei der Vermittlung weiterer Anlaufstellen unterstützt werden. Über die reine Beratung hinausgehend ist die Psychotherapie. Sie kann den Patienten durch regelmäßige Sitzungen langfristig dabei helfen, die Erkrankung und ihre Folgen besser anzunehmen.1 Die Möglichkeiten der Psychoonkologie sind vielseitig: Einen Überblick bietet der Abschnitt „Spektrum der Psychoonkologie“.
Die Ziele von psychoonkologischen Maßnahmen können sehr unterschiedlich sein
und Patienten und Angehörige auf vielfältige Weise unterstützen.3
Die Psychoonkologie bietet ein breites Spektrum an Angeboten, die sich nach den unterschiedlichen Situationen und Bedürfnissen der Patienten richten. Dies umfasst auch Angebote durch weitere Experten, zum Beispiel Ergo- oder Physiotherapeuten, die eine psychoonkologische Therapie unterstützen können. Zu den häufigsten Therapieformen gehören:1,2
In den letzten Jahren wurde das Beratungsangebot in Deutschland kontinuierlich ausgebaut. Krebspatienten können heute vielerorts stationär und ambulant psychoonkologische Therapieangebote nutzen. Die individuellen Bedürfnisse und Neigungen des Patienten stehen bei der Auswahl des konkreten Therapieangebots im Fokus. Dementsprechend sind die psychoonkologischen Angebote sehr vielfältig und werden von verschiedenen Berufsgruppen geleitet, vor allem von Psychotherapeuten, Psychologen, Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Physiotherapeuten oder Mitarbeitern aus dem Pflegebereich. Diese haben idealerweise eine von der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. zertifizierte psychoonkologische Fortbildung absolviert.2
In Anspruch nehmen können dieses Angebot sowohl an Krebs erkrankte Menschen als auch deren Partner, Kinder und andere Familienmitglieder. Im Idealfall wird eine psychoonkologische Beratung möglichst früh – also direkt nach der Diagnose – durch das Behandlungsteam angeboten.
Einen Überblick über zertifizierte Zentren mit einem umfassenden psychoonkologischen Angebot bietet die oncoMAP der Deutschen Krebsgesellschaft unter www.oncomap.de. Auch in onkologischen Rehabilitationseinrichtungen stehen psychoonkologische Angebote zur Verfügung.2
Nach der Behandlung im Krankenhaus oder einem Aufenthalt in einer Rehabilitationseinrichtung können sich Patienten ambulant psychoonkologisch betreuen lassen. Ambulant psychotherapeutisch tätige Psychoonkologen können zum Beispiel auf der Webseite des Krebsinformationsdienstes recherchiert werden. Alle dort aufgeführten Therapeuten sind von der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. zertifiziert. Weitere Unterstützung und Austausch mit anderen Patienten oder Angehörigen bieten Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen, die sich auf verschiedene Krebserkrankungen spezialisiert haben. Gegebenenfalls können Therapeuten Informationen zur Verfügung stellen.
In vielen Städten bieten außerdem private und gemeinnützige Träger Anlaufstellen für Krebskranke und ihre Angehörigen. Hier arbeiten häufig Spezialisten unterschiedlicher Fachbereiche zusammen. Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Psychologen und Psychotherapeuten unterstützen mit hilfreichen Informationen und Adressen auf dem gesamten Krankheitsweg. Ein Überblick über die Krebsberatungsstellen haben die Deutsche Krebshilfe und der Krebsinformationsdienst zusammengestellt: www.krebshilfe.de und www.krebsinformationsdienst.de.2